Autor: Thomas Meier

Eine andere Welt ist nicht nur möglich, sie ist schon im Entstehen.
An einem ruhigen Tag kann ich sie atmen hören.

Arundhati Roy

In den letzten Jahren haben sich Menschen unserer Gemeinschaft mehr und mehr für ein Brückenbauen zu den Menschen unserer näheren und weiteren Region engagiert. So ist 2019 auf unsere Initiative hin der Talvolk e.V. mit mittlerweile ca. 25 in verschiedenen Arbeitsgruppen aktiven Menschen aus fünf Dörfern unseres Tals gegründet worden. Dieser Verein hat sich – auch dank einer zweijährigen Förderung durch das „Neuland gewinnen“- Programm der Robert-Bosch-Stiftung in kurzer Zeit eine breite Palette an Themen erschlossen. Wir haben Mitfahrbänke ins Leben gebracht, einen Kulturlandschaftsweg und regelmäßige Dorfkino-Aufführungen, uns mit der Wiederbelebung unserer Streuobstwiesen und Obstalleen beschäftigt und das Entstehen einer Solidarischen Landwirtschaft inspiriert. Aktuell stecken wir mitten im Aufbau einer Schule in Freier Trägerschaft sowie eines Mehrgenerationenhofes.

Es ist sehr ermutigend zu erleben, wie viele gleichgesinnte Menschen wir in unserer Umgebung finden konnten. Auch sie suchen nach gemeinsamer Ausrichtung und der Wiederentdeckung eines einfachen, guten Lebens in Respekt vor den natürlichen Grenzen unseres Planeten. Und es werden immer mehr. Wir lernen uns besser kennen und unsere Vorhaben werden allmählich mutiger – wie etwa bei der erwähnten Gründung einer 10-klassigen Freien Talschule, die mit einem weit gefassten Lernorte-Netzwerk und vielen Unterstützer*innen den Kindern und Jugendlichen das Wissen erschließen will, welches sie im Angesicht einer krisenhaft erschütterten Welt brauchen werden. Hierüber gibt es inzwischen auch einen sehr schönen Film*.

Auch unsere Kreise werden weiter. So ist Schloss Tonndorf einer der Regionalknoten des Neuland gewinnen-Netzwerks geworden. Und Anfang 2020 habe ich ein Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Das Projekt „Klimaschutzregion Ilmtal“ ist der Schritt in das „nächste Tal“ – diesmal eine Region mit 250.000 Menschen, die vom Thüringer Wald über das Weimarer Land bis zur Saale reicht.

Hier tauschen sich inzwischen mehr als 70 Menschen aus Thüringer NGOs (Nichtregierungsorganisationen), Unternehmen, Forschung, Verwaltung und Politik regelmäßig in vier Arbeitsgruppen aus: über klimaschützende Landwirtschaft, Bauen mit nachhaltigen, regionalen Baustoffen, erneuerbare Energien und über regionales Wirtschaften, Gemeinwohlökonomie und bürger*innenschaftliche Partizipation. Auch in diesem Vorhaben wird immer wieder sichtbar, dass die Mitwirkenden mit ihrer persönlichen Motivation oft nah beieinander liegen. Es verbindet sie eine tiefe Betroffenheit angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise, dramatisch voranschreitender Artenverluste und eines Wirtschaftssystems, das längst das Wohl der Menschen und der Umwelt in einem Teufelskreis aus Wachstum, Konsumismus und Renditeversprechen aus dem Blick verloren hat.

Und so vereint das gemeinsam von der FH Erfurt sowie dem SolarInput e.V. geführte Vorhaben denn mehr und mehr Akteur*innen aus der Region, wird von den beiden Landkreisen Weimarer Land und der Stadt Weimar und auch von den für diese Thematik relevanten Thüringer Ministerien unterstützt. Bis Ende Mai werden alle Beteiligten gemeinsam erste Ansatzpunkte für einen tiefgreifenden regionalen Wandel entwickeln – einen Fahrplan sowohl für die Regeneration ihrer ökologischen Lebensgrundlagen als auch für die Renaissance eines Wirtschaftens, welches sich Umweltschutz und Gemeinwohl zu zentralen Anliegen macht. Sie erarbeiten erste Modellprojekte und konkrete Forschungsaufgaben und werden mit diesen an gute und „enkeltaugliche“ Erfahrungen und Kompetenzen der Region anknüpfen. Ziel ist auch, viele Menschen mit ins Boot zu holen. So reicht die Bandbreite der Bürger*innenbeteiligung und Öffentlichkeitsarbeit bereits jetzt von thematischen Online-Webinaren zu Regionalforen, von Klimacamps mit Kindern und Jugendlichen zu öffentlichen Filmaufführungen, vom Schulterschluss mit anderen Regionalbündnissen und internationalen Kooperationen bis zum Workshop für Kommunalvertreter*innen und Verwaltung. Und vieles davon gründet in den Erfahrungen, welche unsere Lebensgemeinschaft, unsere regionale Bürger*innen-Initiative im Tal und unser gemeinsames Netzwerk GEN Deutschland hier als „Mutterboden“ mit einbringen. Eine neue Welt ist schon im Entstehen…

Links zu näheren Informationen:

schloss-tonndorf.de
talvolk.de
neulandgewinner.de
klimaschutzregion-ilmtal.de

* Film zur Schulgründung: vimeo.com/507959546

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