Autor: Thomas Meier

Ein Resümee der Wandelreise des GEN Deutschland e. V. vom 01.08. bis 10.09.2022

Meeresrauschen, Reste der im 12 Jahrhundert zerstörten slawischen Tempelburg und im Sonenschein picknickende Tourist*innen – am 10. September kamen die Radfahrer*innen der von unserem Netzwerk organisierten Wandelreise ans Ziel: zum Kap Arkona auf Rügen. Hier am nördlichsten Punkt Deutschlands konnten sie zurückschauen auf ein sechswöchige Tour quer durch das Land – von den Alpen bis zur Ostsee. Ca. 1.500km, viele verschiedene Landschaften, Regionen, Dörfer, Klein- und Großstädte, Projekte und Menschen lagen hinter ihnen. Manche hatten die ganze Strecke oder einen Großteil davon erlebt, die meisten hatten den Staffelstab von anderen übernommen und hatten die letzten Wochen oder Tage der Tour begleitet.

Alle jedoch haben sie Besonderes erlebt. Eine unglaubliche Gastfreundschaft und Aufgeschlossenheit bei den besuchten Initiativen. Menschen, die ihre Türen und Herzen weit öffneten und ihre Erfolge und ihr Scheitern ehrlich teilten. Menschen in Sorge um den Zustand unserer Welt und um die allerorts auftretende tiefen Risse: sowohl im ausgetrockneten Boden als auch in der gespaltenen Gesellschaft. Menschen, die zunehmend beginnen, den Blick zu heben über ihr eigenes Wirkungsfeld hinweg und nach Gleichgesinnten ihrer Region Ausschau halten, um diese gemeinsam zu wandeln. Viele von ihnen tief berührt auch von den Regionalworkshops, der Wandelausstellung, dem Feedback und den Inspirationen, welche das Reiseteam mitbrachte und zurückließ.

Die Vielfalt und Dichte der auf der Tour besuchten Projekte war dabei atemberaubend. Sie reichte vom Wiedervernässen der Moore des Lech und der Renaturierung alter Flussmäander der Donau bis zum Erproben einer regenerativen Landwirtschaft mit Humusaufbau, Erosionsvermeidung, Grundwasserneubildung und Agroforst in Demeterhöfen und SoLaWis. Von der jungen Gemeinschaftsinitiative in einem der Güter des Wendlands bis zum erfahrenen Ökodorf in der Altmark. Von den Klimaaktivist*innen im Protestcamp vor den Toren des Augsburger Rathauses bis zu den Visionen des Greifswalder Naturschützers Prof. Michael Succow von wilden Weiden und der Umstellung großflächiger landwirtschaftlicher Betriebe Mecklenburgs. Von Gesprächen mit den Mitarbeiter*innen des Umweltbundesamtes in Dessau bis zum bundesweiten Treffen der offenen Werkstätten vor den Toren Halles. Vom Hundertwasserhaus Magdeburgs bis zum Waldkindergarten im Tal der Tollense. Von der Jugend-Schrauberwerkstatt am Fuße des Thüringer Waldes bis zum selbsterbauten, kleinen Theater im Herzen Rügens. Und, und, und…

So viel Hoffnungsvolles, tief Menschliches, Gemeinwohlsuchendes, Regeneratives! Was nachdenklich stimmte, war eher das immer noch viel zu große „Dazwischen“. Das titanikhafte Partygedröhn am abendlichen Ammersee in Nachbarschaft zu den Millionen-Villen, so als gäbe es nicht auch dort dramatisch sinkende Wasserstände. Die von jeder Hecke freigeräumten Eldorados industrieller Landwirtschaft in den Weiten Sachsen-Anhalts. Die Gespräche auf dem Campingplatz mit dem Schichtarbeiter aus Wolfsburg, der sich nach dem Ausstieg sehnt und keinen Weg dafür kennt. Der Blick von der Fahrradbrücke auf die endlosen LKW-Kolonnen auf der überhitzten Autobahn Brandenburgs.

Bleibt der Ausblick auf den Film zur Reise. 40h Filmmaterial. So viele wertvolle Interviews und Bilder einer keimenden Welt im Aufbruch! Daraus einen Film des Wandels in Deutschland zu machen, ist jetzt die Aufgabe und sie wird viele Monate Arbeit bedeuten. Die Reise hat viele Hunderte Menschen erreicht. Möge der Film ein Millionenpublikum finden.

Ein herzliches Dankeschön an alle Menschen im Vorbereitungsteam, an alle Mitreisenden und an alle wundervollen Gastgeber*innen!

Thomas Meier, Mitglied des Lenkungskreises

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