Autor: Thomas Meier

Mitbegründer der Lebensgemeinschaft Schloss Tonndorf, des Talvolk e.V. und der Gemeinwohl im Tal eG im Weimarer Land / Mitglied des Lenkungskreises des GEN Deutschland e.V. / Thüringer Regionalkoordinator des Neuland gewinnen e.V.
www.schloss-tonndorf.de

www.talvolk.de
www.neulandgewinner.de

Seit sich mein damals 15-jähriger Sohn Adam vor zwei Jahren beim Fallen einer Sternschnuppe das Ende des Kapitalismus wünschte, ließ mich die Frage nicht mehr los, wie wir dem tatsächlich einen großen Schritt näher kommen können. Ich habe vor 19 Jahren die Lebensgemeinschaft Schloss Tonndorf mit begründet, zahlreiche weitere Gemeinschaften in ihren Anfängen unterstützt und seit acht Jahren viel Herzblut in unsere Regional-Initiative im Weimarer Land gesteckt. Und ja – wir haben jetzt eine
SoLaWi im Tal, Mitfahrbänke und Dorfkino, einen Kulturlandschaftsweg, KinderkreativWochen und eine Freie Talschule. Wenn sich die Parameter unseres Zusammenlebens, -wirkens und wirtschaftens aber wirklich radikal ändern sollen, braucht es mehr als das. Vor allem viele mehr, die sich beteiligen. Und das gemeinsame Verständnis, dass in einer Welt, welche auf zahllosen Ungerechtigkeiten und lebenszerstörenden Strukturen aufgebaut ist, kein gutes Leben für alle gelingen wird. Ich fragte mich, wie wir in einer überschaubaren Region wie der unseren mit ihren acht Dörfern und 2.500 Menschen die
Weichen grundlegend neu stellen können und zwar so, dass auch der Handwerker um die Ecke und die Rentnerin im Nachbardorf mitmachen können. Ich stellte mir vor, dass dies im Laufe einer Generation geschehen würde und an vielen anderen Orten der Welt wiederholbar wäre. So entstand die Idee vom Regionalfonds.

Menschen einer Region (dies kann eine ländliche Region sein, aber auch eine Kleinstadt, ein Quartier in einer Großstadt etc.) entschließen sich, im Lauf einer Generation (hier mit 25 Jahren angesetzt) die sozialen Beziehungen, ökologischen Verhältnisse, wirtschaftlichen Parameter und gemeinsamen Werte grundlegend neu aufzubauen: für Gemeinwohl und regionale Regeneration, für internationale Solidarität und damit letztlich auch für weltweiten Frieden. Um einen 100-prozentigen Wandel im Lauf von 25 Jahen zu erreichen, braucht es einen 4-Prozent-“Wandelschritt“ pro Jahr. Machbar, oder?

Erste Menschen einer Region (im besten Fall mindestens 4% der Erwachsenen) beginnen damit, einen wachsenden Anteil ihrer Nettoeinkommen, ihrer Renteneinkünfte oder Bezüge von Bürgergeld sowie ihrer Vermögenseinkünfte in einen gemeinsamen Regionalfonds einzuzahlen. Sie beginnen mit einer Einzahlung von 4% und erhöhen diese jährlich um weitere 4%. Damit erreichen sie im Laufe einer Generation einen Stand von 100% gemeinsamen Teilens und gemeinsamen Entscheidens über diese
Einkommensressourcen. Menschen, welche sich im Laufe der Zeit dem Regionalfonds anschließen, steigen auf dem prozentualen Niveau ein, auf welchem die anderen Teilnhmerinnen bis dahin angkommen sind. Natürlich ist die Teilnahme freiwillig und ein Ausstieg jederzeit möglich.

Der Fonds wird in drei Teile mit unterschiedlichen Zwecken gegliedert:

Die historischen Erfahrungen zeigen, dass Gesellschaften, welche gleicher angelegt wurden, zugleich auch glücklicher und harmonischer waren. Je ungleicher dagegen Gesellschaften werden, desto mehr nehmen die Spannungen zu, desto unglücklicher und gewalttätiger sind sie. Wenn eine weltweite Gesellschaft mit Chancengleichheit für alle nicht nur ein schöner Traum bleiben soll, braucht es tiefe, weite und dauerhafte Schritte von uns allen. Im Gespräch mit Menschen über diese Idee erlebe
ich positives Erstaunen und Resonanz ebenso wie Skepsis und Fragezeichen. Werden die Gut-Verdienenden mitmachen? Werden Menschen diesen Rahmen missbrauchen? Schafft man es, in einer Region auf Augenhöhe gemeinsam zu entscheiden? Berechtigte Fragen. Doch aus meiner Sicht lösbare Aufgaben. Und was wäre denn Plan B, wenn nicht solch ein Vorgehen? In unserem Tal starten wir im kommenden Jahr mit dem Regionalfonds, erste Menschen haben ihre Beteiligung zugesagt. Wir freuen uns auf Austausch mit Menschen anderer Regionen, welche mit uns diesen Weg gehen wollen.

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