AutorInnen: Renate Eggemann, Anja Karschin, Mia Sommer, Michael Cormannn und Martin Schmid-Keimburg

Es herbstet allmählich im Sonnenwald, unser Marktgarten verschenkt sich in seiner Fülle und in den ersten eigenen Honigmelonen schmecken wir den langsam vergehenden Sommer.
Seit über fünf Jahren wandeln und wirken wir nun hier in unserer Gemeinschaft im Nordschwarzwald, und Vieles ist seither geschehen, wovon wir euch in einer aktuellen Momentaufnahme gerne berichten wollen.
Wir wohnen mit etwa 75 BewohnerInnen allen Alters, darunter 17 Kindern, in einer ehemaligen Behinderteneinrichtung auf sonniger Hochebene, umgeben von Wiesen und Wäldern, und erproben uns tagtäglich auf gemeinschaftliche, regenerative Weise zu leben.
Einige Highlights der letzten Zeit waren die Entstehung unseres Naturkindergartens im nahegelegenen Wald, die Verwirklichung eines Retentionsteiches als Biotop und wundervoller Ort zum Sein, bei dem schon jede Menge Arten zu beobachten sind, sowie unser schönes Sommerfest im August, bei dem wir unser 5 jähriges Bestehen gefeiert haben.

Seit Übernahme des Hofs 2019 sind Agroforstsysteme auf unseren Flächen. In den letzten Jahren haben wir 30000 Bäume und Sträucher auf unsere Äcker gepflanzt. Sichtbare Zeichen dafür, dass wir neue Wege gehen, um dem Land durch unsere Bewirtschaftung wieder Vielfalt, Resilienz und Fruchtbarkeit zu geben.Idealerweise ergeben sich daraus Synergien, die das gesunde Wachstum von Bäumen, Ackerfrüchten und Gemüse stärken.

Unsere Bäume fangen jetzt nach 5 Jahren an, die Landschaft zu prägen und wir freuen uns über das erste Obst. Das steigert die Vorfreude auf die Fülle an Früchten und Nüssen, die wir in Zukunft erwarten.Es zeigt sich auch, was auf unserem Boden gedeiht und was nicht und was die Pflanzen von uns brauchen. Die Kooperation mit der Universität Hohenheim begleitet unser Bemühen durch Humusaufbau die Fruchtbarkeit der Böden zu fördern.In unserem Seminarbetrieb finden regelmäßig Veranstaltungen mit Landwirten statt.

Angefangen mit einer Familie im ersten Jahr beim Einzug in Schernbach, sind wir mittlerweile zehn Familien mit insgesamt 17 Kindern zwischen eins und elf Jahren. Es ist ein großes Glück mit so einer großen, quirligen Kinderschar in dieser natürlichen Umgebung aufwachsen zu können, und auch immer wieder Forschungsfeld für uns Erwachsene, in diesen wandelvollen Zeiten, gute BegleiterInnen & auch Leuchttürme zu sein, die Orientierung bieten und gleichsam das Gemeinschaftsleben, Beziehungen, Alltag & Co unter einen Hut zu bringen. Doch auch das ist Teil unseres Wirkens hier und immer wieder motivierend, zu wissen: wir setzen Grundsteine für die Zukunft unserer & aller Kinder und wünschen uns so sehr ein Leben in Frieden Miteinander und Respekt für die Natur, die uns Alle beheimatet. Unser Naturkindergarten ist dabei eine große Bereicherung für uns und auch die Kinder der Umgebung – dort wird rund ums Jahr meist draußen gespielt & dabei alle Sinne genährt, eigene Fähigkeiten in der Natur erprobt und durch die wundervollen BegleiterInnen in der Potentialentfaltung unterstützt.

Ein Highlight unseres Zusammenlebens ist das tägliche (MO-FR) Mittagessen aus unserer selbstorganisierten und von professionellen Menschen geleiteten Großküche. Täglich genießen wir und natürlich unsere Seminargäste überwiegend Selbsterzeugtes: Gemüse, Salate, Getreideprodukte, Käse, (selten Fleisch) und mit langsam zunehmender Menge auch Früchte.

Unser Garten stand im letzten Jahr unter neuer Leitung, und erbrachte eine unglaubliche Vielfalt und Qualität. Unsere Hinterwälder- Herde ist deutlich angewachsen und liefert uns Milch, frische Milchprodukte, viele verschiedene Käsesorten und zunehmend eben auch Fleisch. Jetzt wird die eine oder der andere von euch sagen, „aber der Trend geht doch zu weniger Fleischproduktion und Konsum. Viele Menschen ernähren sich vegan.“ In unserer Landwirtschaft spielt der regenerative Humusaufbau eine große Rolle, und die geht bei unseren nährstoffarmen Schwarzwaldböden eben nur gut mit tierischem Dünger. So ist unser Fleisch eingebunden in die lokalen Kreisläufe und absolut regional.

Langsam steigt unsere Produktion über den Eigenbedarf hinaus und unsere Solawi erweitert sich ständig. Wir sind sehr glücklich, diese zukunftsweisende Form der Versorgung in unserer Region mit aufzubauen. Dadurch können Menschen, Tiere und Böden den verbreiteten ausbeuterischen Bedingungen entgehen.

Vor ca. einem Jahr haben wir uns aufgemacht, einen neuen Versuch zum Thema Organisationsentwicklung zu machen. Unsere Abläufe – in den Betrieben aber auch unser Zusammenleben betreffend – haben sich in unsern Wachstumsprozessen „naturwüchsig“ und mit vielen wechselnden Akteuren und Akteurinnen gebildet. Und es gilt in einem Gesamtüberblick zu prüfen, was optimiert werden kann und wie die anstehenden Herausforderungen priorisiert werden.

Dabei hat sich herausgestellt, dass wir noch weitere Menschen für die Arbeit in den Betrieben brauchen, damit diese gut aufgestellt sind. Wir haben eine wunderbare Organisationsentwicklerin an unserer Seite, die sowohl professionell ist als auch menschlich und spirituell sehr gut zu uns passt. In unseren Gemeinschaftsbildungs-Wochenenden haben wir begonnen, uns dem Prozess zu widmen, wie unsere Visionen mehr mit unserm Alltag verbunden werden können. Oder, anders ausgedrückt: Wie halten wir die Spannung zwischen dem, was wir uns zu erreichen wünschen und den begrenzten menschlichen und finanziellen Ressourcen.

Wir sind stolz darauf, dass inzwischen 25 Menschen eine Anstellung in unserem Projekt haben. Sie bringen Idealismus und Energie ein und tragen viel Verantwortung. Trotzdem akzeptieren sie ein Gehalt, das unter dem üblichen Lohnniveau liegt und Qualifikation und Berufserfahrung nicht wiederspiegelt. Die Hälfte der MitarbeiterInnen sind auch Mitglieder der Genossenschaft.

Viele fleißige Hände bescherten uns zwei neue, ästhetische und sehr nachhaltige Holzhäuser.

Die Anzucht unserer Pflanzen erfolgt seit dieser Saison in einem Passiv-Solargewächshaus, das keine zusätzliche Energie benötigt, um Samen und Keimlinge zum Wachsen zu veranlassen. Nur Wasser und, falls nötig Schatten, geben wir dazu, um später leckere Salate, Kräuter und Gemüse ernten zu können.

Neben dem Stall ist ein Melkhaus entstanden. So sind auch unsere Vierbeiner Nutznießer der fleißig Bauenden. Ein Holzhaus steht nun neben dem alten Stall. Vorbei ist die Zeit des Arbeitens in kaltem Matsch und der langen Transportwege von Milch und Warmwasser. Die umfangreiche Arbeit des Bauens (Planen, Beauftragen, Ausführen) lief parallel zu den „normalen Tätigkeiten“ des Hofteams, so dass weder Tiere noch Pflanzen darunter leiden mussten.

Schon beim Einzug vor gut 5 Jahren war klar, dass wir uns vom Heizstoff „Öl“ trennen werden. Seitdem qualmen die Köpfe bei den Überlegungen nach einer Alternative. Auch Experten von außen wurden gefragt und gern und gut für ihre wertvollen Antworten bezahlt. Der technische Fortschritt und weitere Erkenntnisse durch Nachfragen bei befreundeten Projekten veränderten ständig unsere Ideen und warfen Angedachtes wieder über den Haufen. Zwischen radikalen Ansätzen („im Winter drei Wohnzimmer für alle Bewohner, da reicht schon deren Körperwärme fast aus“) und dem Wunsch, endlich nie mehr frieren zu müssen in allen wohlig temperierten Räumen, wurde alles durchdacht. Dieses Jahr werden wir endlich viel Geld investieren in eine Lösung mit mehreren Komponenten. Ein wichtiger Schritt dem GEN-Ziel von 100% erneuerbaren Energien näher zu kommen. Der finanzielle Aspekt zwingt uns zwar zu Kompromissen. Aber alle BewohnerInnen werden bereit sein diese zu tragen zugunsten einer gesünderen Zukunft für ALLE.

Unsere Gebäude bieten uns gut 5000 qm Wohnraum. Als wir 2019 einzogen, fühlte es sich nach unendlich viel Platz zum Wohnen an. Aber schon Monate später merkten wir, dass es eine große Aufgabe werden würde, die Unterschiedlichkeit und Vielfältigkeit des Angebotes mit den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen stimmig zusammenzubringen. Als alleinstehender älterer Mensch hat man ganz andere Bedürfnisse als Jüngere oder Mittelalte, Paare, Freundschaftsgruppen oder Familien. Durch Neuankommende oder Menschen, die die Gemeinschaft verlassen, entstehen ganz neue Situationen, welche sich z. B. wie Chance oder Verlust anfühlen können. Wohnraum hat auch und gerade in Gemein-schaft eine sehr essentielle Bedeutung in unserm individuellen Leben. Unsicherheiten können die/den Einzelnen tiefgreifend erschüttern. Entsprechend sensibel müssen wir damit umgehen, und das braucht Zeit und Geduld. Da wir gerne neue Menschen, die gut zu uns passen, aufnehmen wollen, denken wir auch über die Schaffung neuen Wohnraums, z.B. in den großen Dächern nach. Und sofort ist dann die Frage nach den notwendigen finanziellen – und Arbeitskraft Ressourcen wieder da, und macht uns die hohe Komplexität unseres Lebens wieder deutlich.

www.sonnenwald.org
www..hof.sonnenwald.org

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